(pde) – Religionslehrerin Maria Hauk-Rakos stellt auch im neuen Schuljahr wieder Kinder- und Jugendliteratur vor. Im Bilderbuch „Das gute Ei“ von Jory John und Pete Oswald geht es um Verantwortung und die Erkenntnis, dass Perfektion nicht der Schlüssel zum Glück ist.
„Mit Adleraugen sehen wir die Fehler anderer, mit Maulwurfsaugen unsere eigenen“, soll Franz von Sales einmal gesagt haben. Tag für Tag übernehmen wir unsere Verantwortung. Manchmal fällt es uns leicht, sie zu tragen, oft genug aber lastet sie auch schwer auf uns. Vor allem immer dann, wenn uns „alles über den Kopf“ wächst und es uns trotz aller Anstrengung einfach nicht gelingt, die an uns gestellten Erwartungen erfüllen zu können. Und dann ist er da, der Gedanke: Schluss, Aus, Genug ist genug! Etwas muss sich ändern! Das wird auch dem „guten Ei“ im herzerfrischenden Bilderbuch von Jory John und Pete Oswald klar, als es erschrocken Risse in seiner Schale bemerkt, die der Druck ausgelöst hat, den es sich beständig macht. Der Druck, darauf zu achten, dass alle genauso gut sind wie es selbst. Das gute Ei ist in der Tat ein sehr gutes Ei! Doch der Versuch, immer gut zu sein, ist schwer, wenn es so scheint, dass allen anderen einfach alles egal ist. Und der Anspruch, immer alles unter Kontrolle haben und perfekt sein zu müssen, ist sehr anstrengend. Unter diesem Druck beginnt das gute Ei zu zerbrechen. Wie konnte es bloß soweit kommen?
Humorvoll erzählt das Bilderbuch davon, was wir selbst nur allzu gut kennen: Vom Wunsch, dass das, was wir täglich leisten, „gesehen“ wird und von der Last, die der Drang nach Perfektion hervorruft. „Das gute Ei“ kombiniert in genialer Weise eine witzige Geschichte mit einem Thema, das zum Nachdenken anregt, und erinnert daran, dass Perfektion nicht der Schlüssel zum Glück ist – weder zum eigenen noch zum Glück der Anderen. Vielmehr sollte es darum gehen, einander zu stützen und uns in unseren Unzulänglichkeiten anzunehmen – auch, wenn das zugegebenermaßen oft anstrengend und nervenaufreibend ist. Fürsorge für Andere schließt aber auch Selbstfürsorge mit ein: „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst“ lautet nicht umsonst ein Kernsatz im Alten Testament, mit dem auch Jesus im Matthäusevangelium zitiert wird.
Das „gute Ei“ zieht seine Lehren aus den Rissen, die ihm der (aussichtslose) Versuch, es stets allen „anderen Eiern im Karton“ recht machen zu wollen, eingebracht hat. Wie es schließlich lernt, nicht nur gut für die Anderen, sondern auch für sich selbst zu sorgen, um dem drohenden „Rührei im Hirn“ vorzubeugen, wird witzig und zugleich einfühlsam berichtet – und lässt uns schmunzelnd zurück mit der wunderbaren Erkenntnis, dass es Okay ist, nicht perfekt zu sein: Glücklich reicht völlig aus. Sehr zu empfehlen!
Gesprächsimpulse und kreative Ideen zum Buch sind unter www.bistum-eichstaett.de/schule abrufbar. Jory John und Pete Oswald: Das gute Ei. Adrian und Wimmelbuch-Verlag, Berlin, 2021, ISBN: 978-3-948638-69-6.
Buch des Monats Oktober: „Das gute Ei“ und das Geheimnis vom Glück
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