Seltene Urkunde des Spätmittelalters nur noch bis Sonntag in der Sonderausstellung „Von Badenixen, Saubermännern und Kurschatten“ im Stadtmuseum zu sehen
Derzeit läuft im Stadtmuseum in Neumarkt die Sonderausstellung „Von Badenixen, Saubermännern und Kurschatten“. Dabei ist auch eine seltene Urkunde aus dem Spätmittelalter zu sehen. Allerdings kann man diese nur noch bis Sonntag, 8.1.2023 bestaunen. Denn da es sich dabei um eine Pergamenturkunde handelt, darf diese nur unter strengen Auflagen was Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichteinfall betrifft und für eine begrenzte Zeit ausgestellt werden. Deshalb wird die Urkunde A 587 nach dem 8. Januar wieder die Heimreise ins Stadtarchiv Ingolstadt antreten – obwohl die Sonderausstellung zur Geschichte der Neumarkter Badekultur noch bis zum 29. Januar im Neumarkter Stadtmuseum läuft. Dass eine Urkunde aus Neumarkt in Ingolstadt erhalten geblieben ist, verdankt sie der Aufmerksamkeit eines Ingolstädter Kaufmanns, der diese im 19. Jahrhundert erworben und dem dortigen Historischen Verein zur Verfügung gestellt hatte. Viele Archive, darunter auch das Neumarkter Stadtarchiv, verloren damals wertvolle Urkundenbestände, die im ungünstigsten Fall an Schwabacher Goldschläger verkauft und somit vernichtet oder wie in diesem Fall von Privatsammlern erworben wurden.
Was besagt nun aber die Urkunde aus dem Jahr 1451? Darin ist folgendes festgehalten: Am 1. März verkauften Ulrich und Dorothea Sigersdorffer von Staufersbuch die jährlichen Zinseinkünfte aus einer Wiese bei der alten Mühle unter Hermannsberg an Barbara Lemlin, die damit den Fortbestand der von ihr und ihrer Mutter gegründeten Seelbadstiftung sicherte. Beide hatten zusammen die neue Badstube betrieben und dort zehnmal im Jahr den armen Neumarktern freien Zutritt gewährt. Nach dem Tod der Mutter wurde die Einrichtung an einen Bader aus Altdorf verkauft, und Barbara Lemlin übertrug dem Benefiziaten die Aufgabe, diese Tradition mit dem bereits vorhandenen Stiftungsvermögen und den neuen Einkünften aufrechtzuerhalten. Detailliert sind in der Urkunde festgehalten, vor welchen Feiertagen die Badetage stattzufinden haben, die Entlohnung für den Bader ebenso wie jene für die Ankündigung durch den Mesner von St. Johannes, die Strafzahlung des Baders an die Pfarrkirche bei Versäumnis, und nicht zuletzt die Ausgaben für den Benefiziaten und das Bier, das dieser den Bedürftigen zur „Labung“ ausgegeben hatte. So profitierten auch die Ärmsten der Stadtgesellschaft von den hygienischen Annehmlichkeiten jener Zeit – für die begüterten Wohltäter bedeutete dies eine Investition im Hinblick auf das eigene Seelenheil. Wie lange allerdings die „auf ewige Zeiten“ angelegte Stiftung praktiziert wurde, ist nicht bekannt – ohne die durch die Geistesgegenwart des Ingolstädter Kaufmanns gerettete Urkunde wüssten wir nicht einmal davon.
Die Sonderausstellung „Von Badenixen, Saubermännern und Kurschatten – zur Geschichte der Neumarkter Badekultur“, die neben den Badestuben auch das Wildbad und das Freibad thematisiert, ist noch bis zum 29. Januar 2023 mittwochs bis freitags und sonntags jeweils von 14.00 bis 17.00 Uhr geöffnet, auch am Feiertag Heilige Drei Könige, dem 6. Januar kann die Ausstellung besucht werden.