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Thementisch in der Stadtbibliothek zum Thema: „America first?“

Amerika fasziniert und polarisiert, wird bewundert und gehasst. Wer dieses riesige Land und seine Bewohner in allen Facetten begreifen will, findet auf dem aktuellen Thementisch in der Stadtbibliothek eine Fülle von Informationen.

Die preisgekrönte Historikerin Jill Lepore stellt in „Geschichte der Vereinigten Staaten“ dar, aus welch unterschiedlichen Gruppen dieses Land entstanden ist. Dabei ist manchmal - wie in fast allen Nationalgeschichten - der Schurke des einen der Held des anderen. Derzeit stellt sich die Situation so dar, dass die Amerikaner so gespalten sind, dass sie sich nicht mehr darin einig sind, welche Ideen und Vorstellungen für sie wichtig sind und waren.

 

Dazu trägt – nicht als Erster, aber in großem Umfang – der derzeitige Präsident Donald Trump bei. Abrechnungen mit ihm als Person und mit seiner Amtsführung erfolgen von verschiedenen Seiten: Da ist das Buch seiner Nichte Mary Trump zu nennen, die promovierte Psychologin ist und der Familiengeschichte und deren Einfluss auf Donald Trump viel Raum gibt.

 

Aus der Sicht eines engen Mitarbeiters und Vertrauten des Präsidenten dagegen berichtet John Bolton in seinem Buch „Der Raum, in dem alles geschah“ aus erster Hand über Trumps Verfehlungen, seine rechtswidrigen Aussagen und Handlungen. Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten verfügt über exklusives Detailwissen und Insiderinformationen bezüglich der Machenschaften des mächtigsten Mannes der Welt.

 

Die These, dass D. Trump eine schwere Belastung, ja Gefährdung, für die US-amerikanische Demokratie und die Weltordnung darstellt, ist nicht neu. Sie wird auch durch das Buch „Trump gegen die Demokratie“, verfasst von zwei Pulitzer-Preisträgern der "Washington Post", Philip Rucker und Carol Leonnig, belegt, und zwar mit einer erdrückenden Menge an Beispielen.

 

„China first“ – unter diesem provokanten Titel analysiert Theo Sommer den unaufhaltsamen Aufstieg des Reichs der Mitte – und die gewaltige Herausforderung, die sich daraus für die bisher führende Weltmacht USA ergibt.
Einen anderen Focus setzt Edward Snowden mit seinem Buch „Permanent Record. Meine Geschichte“. Auch er übt Kritik an Auswüchsen in seinem Land, bezieht sich aber auf einen anderen Aspekt: Als junger Mann, der im Netz aufgewachsen ist, Datenspezialist und Geheimnisträger für NSA und CIA war, wird er zum Spion, zum Whistleblower und schließlich zum Gewissen des Internets.

 

Jetzt erzählt Edward Snowden seine Geschichte selbst. Als Ergänzung dazu ist eine DVD zu empfehlen: Der Meister des amerikanischen Kinos, Oliver Stone („Nixon“, „JFK – Tatort Dallas“, „Geboren am 4. Juli“, „Platoon“), verfilmte die Geschichte Edward Snowdens.

 

Viele der ausgestellten Bücher beschäftigen sich mit einem weiteren großen Thema Amerikas, dem Rassismus. Alice Hasters Sachbuch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ wendet sich vor allem an diejenigen weißen Menschen, die sich nicht für rassistisch halten. Anhand ihrer persönlichen Erfahrungen als Schwarze Frau zeigt sie auf, wie Rassismus funktioniert, und geht auf aktuelle Diskurse ein. Ihre Botschaft: Wer Rassismus bekämpfen will, muss Veränderung befürworten – und die fängt bei einem selbst an.


Ralph Ellisons Roman „Der unsichtbare Mann“ zählt zu den wichtigsten Klassikern der US-amerikanischen Literatur und ist eines der Lieblingsbücher Barack Obamas. Es ist die Geschichte eines namenlosen jungen Schwarzen, der von seinen Mitmenschen einfach nicht wahrgenommen wird und daher scheitert - zuerst als hoffnungsvoller Collegestudent im Süden, dann in New York als Fabrikarbeiter und als eigentlich hochbegabter Redner für eine politische Organisation. Schließlich haust er "unsichtbar" in einem Kellerloch und erzählt von seinem Leben.

 

Der 17-jährige Jessup ist die Hauptfigur in Alexis Zentners Werk „Eine Farbe zwischen Liebe und Hass“. Als Mitglied der Heiligen Kirche des Weißen Amerika lebt er mit seiner Mutter und seiner jüngeren Halbschwester in einem Wohnwagen, sein älterer Bruder und sein Stiefvater sitzen im Knast. Der Autor versucht sich im Stil eines Coming-of-Age-Romans in die Welt eines Jungen hineinzudenken, der seine Herkunft einerseits hinter sich lassen möchte, aber dennoch seine Familie nicht aufgeben kann.

 

In seinem hochgelobten und preisgekrönten literarischen Debüt „Friday Black“ versammelt Nana Kwame Adjei-Brenyah Kurzgeschichten über das Leben in den USA. Der Autor wuchs als Sohn ghanaischer Eltern in New York auf. Er schreibt vor allem darüber, was es bedeutet, schwarz zu sein, thematisiert aber auch Polizeigewalt und einen ungezügelten Konsumwahn.

 

Mit den sich verschärfenden Konflikten in den USA beschäftigt sich Kent Harufs Roman „Kostbare Tage“. Alle sechs Romane des 2014 verstorbenen Autors spielen in der fiktiven Kleinstadt Holt im US-Bundesstaat Colorado.


Einen speziellen Akzent zur Situation an der mexikanischen Grenze setzt Francisco Cantú, früherer Angehöriger der United States Border Patrol. Er schildert in „No Man´s Land“ autobiografisch und hautnah, was das Grenzregime zwischen den USA und Mexiko mit den illegalen Einwanderern macht, aber auch, wie sich die Gefühlswelt und das Denken der Grenzschützer selbst verändert. Der packende Thriller „American Dirt“ von Jeanine Cummins zeigt den Überlebenswillen einer Mutter, die mit ihrem Sohn vor der organisierten Drogenkriminalität aus Mexiko fliehen muss. Der von einer weißen Autorin verfasste Roman löste in den USA eine Debatte über "kulturelle Aneignung" aus.


Empfehlenswert ist auch die DVD „Beale Street“, ein Film, der sich an James Baldwins Bestseller orientiert. Der Film erzählt eine berührende Liebesgeschichte im Amerika der 70er Jahre, in dem Rassismus gegenüber Schwarzen an der Tagesordnung stand.