Thementisch in der Stadtbibliothek „Rück(-Sicht)“

Das Januar-Thema „Rück(-Sicht)“ ist passend zum Jahreswechsel gewählt, der ja häufig Anlass zu einem Jahresrückblick gibt. Hier wird das Thema aber umfassender betrachtet, zunächst unter psychologischen Aspekten.

Da sind einmal Ursula Otts („Chrismon“-Lesern als Chefredakteurin bekannt) Erfahrungen aus ihrem eigenen Leben beim Umzug ihrer Mutter ins Altersheim zu nennen. Für alle Familienmitglieder aus drei Generationen werden Erinnerungen wach, Familiengeschichte wird sichtbar, es erfolgt ein Rückblick bis hin in die Zeit des Nationalsozialismus. Eine andere Art von Rückblick liefert Lars Amend in „It’s all good“. In seinem Buch geht es vor allem darum, wie man negatives Denken überwinden und dem Alltag durch die Besinnung auf wertvolle Erinnerungen positive Augenblicke abgewinnen kann. Der auch aus dem Fernsehen bekannte Lifecoach Felix Klemme richtet sich mit seinem Ratgeber „Bin raus aus allem, was mich davon abhält, natürlich und erfüllt zu leben“ an Menschen, die sich dauergestresst fühlen und dies ändern möchten. Wieder einen anderen Ansatz wählt der ZDF-Moderator Tim Niedernolte. Der Titel seines Buchs – „Wunderwaffe Wertschätzung: Vom großen Glück einer einfachen Lebenshaltung“ – macht deutlich, worin er eine Lösung von Problemen wie Shitstorms und Mobbing, fehlende Anerkennung und vernichtende Kommentare sieht: in der Wertschätzung, die im Gegensatz zu anderen Waffen nicht zerstört, sondern aufbaut und wachsen lässt.

 

Aus dem Bereich der Soziologie gibt es Bücher zu nennen, die sich mit zwei Themen beschäftigen, die den gesellschaftlichen und politischen Diskurs der letzten Jahre geprägt haben. In Peter Maxwills „Die Reise zum Riss“ steht das Thema Rassismus im Vordergrund. Er zeigt Beispiele aus dem Leben und berichtet, wie Einzelne mit dem Hass innerhalb der Gesellschaft und ihrer Spaltung umgehen. Ines Geipel, eine ehemalige Spitzensportlerin aus der früheren DDR, bekannt wegen ihrer Auseinandersetzung mit der Doping-Vergangenheit des Staats, widmet sich der Frage, warum es rechtsextremes Gedankengut gerade in der ehemaligen DDR so häufig gibt, warum Pegida und die AfD gerade dort so erfolgreich sind. Bei der Suche nach einer Antwort darauf greift sie auch auf die eigene Familiengeschichte zurück.

 

Eine DVD gibt es zu einem weiteren Aspekt des Monatsthemas, wobei hier das Wort „Blick“ durch „Sicht“ zu ersetzen ist. Es handelt sich um den Film „Die Erfindung der Wahrheit“, einen Thriller, in dem die Schauspielerin Jessica Chastain eine rücksichtslose Lobbyistin verkörpert, die erst nach einiger Zeit erkennt, dass der Preis für den Erfolg zu hoch sein könnte. Der Zuschauer bekommt einen Einblick in die hässliche Seite der Politik, v.a. die Lobbyarbeit, die dazu angetan ist, der Demokratie zu schaden, weil es um die Interessen bestimmter Gruppen geht, hinter die das Interesse der Bevölkerung zurücktreten muss.

 

„Rück“ werden manche Menschen zu „Rücken“ verlängern. Probleme mit dem Rücken gehören für einen großen Teil der Deutschen zum Alltag. Auch dazu gibt es Literatur. „Gesunder Rücken“ lautet der Titel eines Ratgebers von Stephan Geisler. Der Sportwissenschaftler geht auf Schmerzursachen ein, stellt alternative Behandlungsmöglichkeiten vor und sieht die beste Lösung nicht in Pillen, sondern im Training. Das Buch informiert die Leser aufgrund der verständlichen sprachlichen Darstellung und vieler Bildern gut. Der Titel „Deutschland hat Rücken“ greift eine der mittlerweile häufig geäußerten Klagen auf. Roland Liebscher-Bracht erklärt darin, wie Rückenschmerzen entstehen und welche Übungen gegen diese Volkskrankheit helfen. Anzumerken ist aber, dass die genannten Methoden nicht unumstritten sind, wenngleich es eine große Fangemeinde gibt.

 

Ein letzter zum Monatsthema gewählter Aspekt ist die der Biographie, also des Rückblicks auf das eigene Leben. Eine DVD mit dem Titel „Brenna tuats scho lang“ (ein Künstlerporträt von Marcus H. Rosenmüller) handelt von Hubert von Goisern, einem Vertreter einer besonderen Art von Volksmusik. Es ist ein Film über seine Brüche und Wendungen und auch ein Film über seine Musik. Musikliebhaber und Fans sehen in ihm einen musikalischen Botschafter Österreichs, vor allem einen Volksmusikerneuerer, obwohl er nicht einem einzelnen musikalischen Genre zuzuordnen ist.

Der Regisseur kommt dabei dem Menschen sehr nahe. Ein anderes Anliegen als die Musik trieb den Autor Tankred Stöbe an. In seinem Erfahrungsbericht „Mut und Menschlichkeit“ beschreibt er seine Arbeit als Internist und Rettungsmediziner für die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“. Dabei legt er Wert darauf, nicht nur von Leid und Tragik zu berichten, sondern auch positive Erfahrungen aufzunehmen. Er schildert dabei auch Orts- und Landestypisches. Beim Leser bewirkt die Lektüre dieses Buchs im besten Fall Dankbarkeit für das gute Leben in unseren Breiten.

Die Biographie von Thomas Gottschalk, „Herbstbunt“, strebt weniger Tiefgang an, wie der Autor selbstironisch schreibt. Neuer Schwerpunkt für die Fortsetzung des Vorgängers „Herbstblond“ ist die Tatsache, dass sein 70. Geburtstag bevorsteht und er sich so mit den Mühen des Alters auseinandersetzt. Dies tut er nicht nur im gewohnten sympathischen Plauderton, sondern reflektiert auch über die sich durch das Älterwerden ergebenden verändernden Lebensperspektiven. Auch eine kritische Haltung gegenüber eigenen früheren Verhaltensweisen wird erkennbar. Er wirft die Flinte nicht ins Korn, sondern nimmt die Herausforderung an, Körper und Geist fit und beweglich zu halten.